Schlagwort: Menschenrechte
Stolpersteine
So wie ich vor einigen Jahren über einen Artikel gestolpert bin, in dem über dieses Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig berichtet wurde, sind mir bei einem Spaziergang durch das nächtlichen Köln, seine ersten STOLPERSTEINE begegnet.
Plötzlich tauchen sie auf, Messingplatten in der Größe eines Pflastersteines vor einem Hauseingang, und rufen Bilder aus der Erinnerung, die ich nur aus Filmen, Büchern und Berichten kenne, die das Leiden der aus diesen Häusern gezerrten Menschen nur ansatzweise beschreiben, da dieses Erinnern aus zweiter Hand geschieht. Aber gerade dieses Wissen um das nicht nachvollziehen Können, der im Nationalsozialismus von Menschen an Menschen verübten Grausamkeiten, macht es um so wichtiger, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Menschen zu Dingen fähig sind, die ausserhalb unserer Vorstellungskraft liegen und jedem Aufkeimen, wie auch immer gearteter Grausamkeit, einen Stolperstein entgegen zu setzen.
Zwei Tage später im Stadion der Aufruf zu Toleranz und gegen Rassismus, beklatscht. Eine Stunde später aus der Menschenmasse hinter mir heraus die Beschimpfung eines japanischen Spielers der eigenen Mannschaft, dünnes Eis.
Neda
Als ich am Dienstag, es war der 23. Juni, vor meiner Hotelzimmertür die FAZ fand, ahnte ich nichts von dem Artikel, der mich heute zu dem Video führte, mit einem Handy aufgenommen, dass das Sterben einer jungen Studentin in den Straßen von Teheran dokumentierte, die ermordet wurde, von einem Religionswächter am Rande einer Demonstration.
Bei Demonstrationen in Los Angeles sind nun Plakate mit der Aufschrift „I AM NEDA“ zu sehen. Unfreiwillig, brutal aus dem Leben gerissen, wird eine junge Frau zu einer Ikone des Widerstandes, die von ihrem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat, nach einer Wahl, die den Eindruck der Manipulation schon im Vorfeld bestätigt hat, in einem Staat in dem immer noch religiöser Fanatismus, die nach Offenheit strebenden Menschen am Leben hindert.
Nun fallen auf den Teheraner Freitagsgebeten die Worte: „ich rufe die Justiz zu einer deutlichen Konfrontation mit den Anführern dieser illegalen Demonstrationen auf und verlange die Todesstrafe für sie ohne jede Gnade“, die nicht darauf hindeuten, dass im Iran ein Einlenken und eine friedliche Ruhe, die nicht auf Unterdrückung gestützt ist, zu erwarten ist.
Abbautag
Fast pünktlich stürme ich die Treppe in der Stadtbibliothek hinauf. Draußen hat sich nach dem ersten Andeuten des Frühling ein leichtes Nieseln eingestellt. Doch für nächste Woche hat sich T-Shirt-Wetter angekündigt. 15 Grad sollen es werden und irgendwie ist das noch nicht wirklich zu glauben und auch nicht wirklich der Grund, warum ich mit Luftpolsterfolie bepackt diesen Weg begehe.
Die Ausstellung „Ideal und Menschlichkeit – 60 Jahre Menschenrechte“ wird abgebaut.
Im Ausstellungsraum hat das große Wuseln bereits eingesetzt. Die Ersten haben ihre Arbeiten bereits von den Wänden geholt, knieen auf dem Boden, kämpfen damit alles sicher zu verpacken, um es dem entsprechenden Lager zu übergeben.
Die Zeit erlaubt nur ein kurzes Hallo, hier und da ein knappes Gespräch und nach kurzer Zeit zeigt sich der Raum verwandelt, karg und schmucklos. Ein Besucher jagt mir noch ein kurzes, ihr habt es aber nicht lange ausgehalten, entgegen und bevor ich etwas entgegnen kann, die Bestätigung, dass nun doch etwas fehlt. Der eigene Kampf mit der Folie, mit den Klebestreifen, das Wuchten ins Auto und schon bin auch ich wieder selbst auf der Autobahn und diese Ausstellung Geschichte.
die fehlende Einladungskarte
Ideal und Wirklichkeit – 60 Jahre Menschenrechte
Das kleine blaue Heft, das ich als Grundlage für die Auseinandersetzung mit dem Thema in die Hand bekommen habe, enthält die 30 Artikel, die der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zugrunde liegen. 30 Artikel, die am 10. Dezember 1948 durch die Vereinten Nationen verabschiedet wurden und die nach den furchtbaren Kriegen als Basis dienen sollten, für ein glückliches und friedliches Miteinander auf dem Planeten Erde.
Wie ist nun die eigene Wahrnehmung zu diesem Thema und wie sieht eine mögliche künstlerische Umsetzung aus?
Mit der Frage um die künstlerische Umsetzung konfrontiert, kristallisierten sich für mich sofort 2 meiner Arbeiten heraus, die auch in der Ausstellung hängen werden. Die 4-teilige Arbeit „ohne Schuld“, die mit dem Artikel 11 (Unschuldsvermutung) korrespondiert, sowie die 2-teilige Arbeit „sumsum“.
Hände, die durch den Boden stoßen und sich dem darüber liegenden Himmel entgegen strecken. Der darunter liegende Raum, grau, geschlossen und fensterlos, ist mit dem Summen einer Anlage gefüllt.
Hierauf können viele Artikel assoziiert werden. Unter anderem Artikel 3 (Recht auf Leben und Freiheit), Artikel 4 (Verbot der Sklaverei und des Sklavenhandels) oder auch Artikel 18 (Gedanken-, Gewissens-, Religionsfreiheit).
Bei der Frage wie es mit der Verwirklichung der Ziele aussieht, ziehen Bilder von Kriegshandlungen, Flüchtlingslagern, hungernden Kindern, Kindersoldaten und wesentlich dichter dran, von Politikern, die unsere Freiheit durch Beschneidung der Bürgerrechte sichern wollen, an mir vorbei und sensibilieren die eigene Aufmerksamkeit für das nähere Umfeld.
Die Ausstellung, als Gruppenausstellung mit 13 Künstlern des BBK Braunschweig konzipiert, wird am 14. Januar im öffentlichen Raum, in der Stadtbibliothek Braunschweig eröffnet. Sie ist dort bis zum 27. Februar zu sehen.
Zur Begrüßung spricht Wolfgang Laczny, Kulturdezernent der Stadt Braunschweig. Die Einführung in die Thematik spricht Prof. Dr. Karl-Peter Fritsche von der Universität Magdeburg und die Einführung in die Ausstellung übernimmt die Kunsthistorikerin Dr. Ute Maasberg.
Im Rahmen der Ausstellung erzielte Erlöse gehen zu 25% an die Menschenrechtsorganisation amnesty international.
Die teilnehmenden 13 Künstler des BBK Braunschweig sind INGRID AHRENS, GERD DRUWE, ZINATE ENGEL, ANDREAS GREINER-NAPP, IRENE HEIMSCH, SUSANNE HESCH, HELGE KARNAGEL, JONAS KARNAGEL, MANUELA KNAUT, MONIKA LANGROCK, INGO LEHNHOF, JÜRGEN NEUMANN, sowie ich, VOLKER VEIT.